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Was ist Glück?
Auszüge der Eröffnungsrede 6. März 2005
Dr. Sylvina Zander, Ostholstein-Museum Eutin
"Gemeinhin glaubt man,
es sei schwierig, glücklich zu sein, und man hat allen
Grund, dies zu glauben", schrieb Madame du Châtelet
1746 in ihrer kleinen "Rede vom Glück." Und
gibt dann doch Ratschläge. "Allen voran ist die
Entscheidung zu nennen, was man sein will und was man machen
möchte, und sie fehlt bei fast allen Menschen; dabei
ist dies die Bedingung, ohne die es Glück gar nicht
gibt." Also der Blick in den Spiegel – die Auseinandersetzung
mit den eigenen Wünschen, Zielen, Handlungen –
und dies bei Madame de Châtelet auf der Grundlage
eines – im Sprachstil der Aufklärung –
tugendhaften, will sagen vernünftigen, niemandem bewusst
schadenden Lebensstiles, dessen Ziel die Erfüllung
eigenen Wohlseins ist....
In diesem Sinne der Selbstbefragung und Selbstregulierung,
die Madame de Châtelet uns vorschlägt, können
wir Renate Schürmeyers Neigung zu Spiegeln vorsichtigerweise
interpretieren. Spiegel, Spiegelfolien, aber auch Glasscheiben,
sind integraler Bestandteil vieler Ihrer Objekte, die in
den letzten Jahren entstanden. In der Symbolik kommen dem
Spiegel durchaus ambivalente Deutungen zu. Er steht für
die unbedingte Wahrheit und Klarheit.
Ein Spiegel täuscht nicht, er gibt zurück, was
ist (Schneewittchen). Andererseits ist der Spiegel auch
ein Symbol für die selbstverliebte Eitelkeit, denn
er verführt dazu, dem äusseren Schein zu verfallen
(Narzissmus)....
Darüber hinaus, verunklären Spiegel räumliche
Situationen, verwirren unser Gefühl für unsere
Stellung im Raum und erweitern das Raumpotential. Spiegel
sind bei Renate Schürmeyer häufig eingebaut in
Kästen, die einerseits ihren Innenraum klar und fest
begrenzen und andererseits durch den Spiegel wieder eine
Entgrenzung erfahren. Notwendigerweise sieht der Betrachter
sich selbst in dem Spiegel. Er wird also auf eine sehr direkte,
sehr sinnliche und manchmal auch extrem überraschende
Weise in das Objekt hineingezogen.
"Glück
ist, wenn man sich erinnert." Das setzt voraus, dass
es glückliche Momente, Zustände im Leben gab,
die in die Erinnerung inkorporiert werden können. Renate
Schürmeyer plädiert also für das Schaffen
glücklicher Momente, für das Leben eines glücklichen
Entwurfs.
Einen dieser Momente enthält
vielleicht dieses kleine Gedicht von Bert Brecht, genannt:
"Glücklicher Vorgang": Das Kind kommt gelaufen
/ Mutter binde mir die Schürze! Die Schürze wird
gebunden.
Öffnen Sie z.B. die
Deckel der vier "Erinnerung an einen Sommer" genannten
Objekte, so blicken Sie in die Tiefe – und in Spiegel
und gleichzeitig nehmen Sie den intensiven Geruch eines
Sommertages wahr, der aus den Noten Heu, Kamille, Pfefferminz
und Strandwermut besteht. In den Gerüchen sind Erfahrungen
und Erinnerungen eingeschlossen. Hier sind wir ganz nah
an der Glücksdefinition von Renate Schürmeyer.
Und vielleicht auch Brechts, dessen wunderschönes Gedicht
"Vergnügungen" das Glück in viele Einzelbilder
zerlegt, die im Augenblick ihres Erlebens nicht in voller
Tiefe erlebt werden, aber in der Erinnerung zu einem Flickenteppich
des Glücks werden.
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